Donnerstag, 6. Oktober 2016

Herbst

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Jetzt ist ganz plötzlich der Herbst da mit Kälte und Sturm. Ich habe heute meinen Wintermantel aus dem Schrank geholt. Mir soll's recht sein. Ich mag die Jahreszeiten.
Das Leben kommt mir wieder sehr entgegen.
Gestern war ich zum Tee bei N. und ihrem Mann A., zwei meiner afghanischen SchülerInnen eingeladen. Es hat mir gefallen, diese junge Familie in ihrem privaten Umfeld kennenzulernen und mich mit ihnen auf Englisch, Deutsch und mit Hilfe von A.s Sprachapp auf seinem Smartphone zu unterhalten. Es ging sogar um Religion. Die beiden wollten etwas über den Unterschied zwischen katholischer und protestantischer Kirche wissen und waren ganz entsetzt, daß katholische Priester nicht heiraten und keine Familie haben dürfen: "Aber Gott hat doch Mann und Frau geschaffen, damit sie zusammen sind." Sie halten mich für eine Protestantin. Ich habe es erst mal dabei belassen. Wie soll ich ihnen erklären, daß ich keiner Glaubensrichtung angehöre.
N. legte, kaum waren wir in der Wohnung, ihr Kopftuch ab und zeigte nackte Arme. Sie stillte ganz entspannt ihr neugeborenes Kind, das anschließend auf dem Oberschenkel ihres Mannes schlief. Der ältere Sohn leistete uns kurz Gesellschaft und nannte mir die Namen der orientalischen Süßigkeiten.
Mir wurde mal wieder klar, wie sehr diese Menschen uns gleichen und daß der ganze Kulturkram nur der dünne Firnis über dem Menschsein ist.
Und zum Thema Kopftuch möchte ich mich jetzt auch einmal äußern: sie als Symbol der Unterdrückung der Frauen in muslimischen Ländern zu sehen, entspringt der tief verankerten europäisch-amerikanischen Überheblichkeit. Die Anstrengungen einiger Politiker, diese Kopfbedeckung zu verbieten, ist schierer Kolonialismus: wir wissen, was gut für euch ist.
Nee, wisst ihr nicht! Das können nur die Frauen dieser Länder wissen. Wenn sie kein Kopftuch mehr tragen wollen, werden sie schon damit aufhören. Solange es hierzulande noch Sexismus gibt, solltet ihr euch lieber an die eigene Nase packen.
Ich erinnere mich noch gut an hiesige Kleidungstabus: in den 60er Jahren durfte ich eines Tages nicht die Aula meines Gymnasiums betreten, weil ich wegen des winterlichen Wetters statt des damals noch für Mädchen üblichen Rocks eine Skihose anhatte. Diese Anordnung kam übrigens von einer Frau, unserer Direktorin.

Dann bekam ich endlich Paletten, auf die ich mein frisch geliefertes Holz stapeln kann. Sie wurden mir sogar vor die Tür geliefert, obwohl ich sie auch abgeholt hätte. Aber der Mann, von dem ich sie bekommen habe, meinte beim Anblick meines Autos, daß man ihm das nicht zumuten könne.
Nach meiner letzten superanstrengenden Sensenmähaktion, bei der ich ständig in den dicken Moospolstern hängen geblieben bin, habe ich einige Tage über den Kauf eines leistungsstarken Rasenmähers nachgedacht. Mir ging es nicht gut damit, aber das Moos ist wohl deshalb so gewachsen, weil ich in den letzten Jahren nur einmal im Herbst gemäht habe. Mittlerweile gibt es stellenweise fast nur noch Moos, keine Wildwiese mehr.
Ich redete mit meinem Nachbarn über Rasenmähertypen, und er brachte mich ganz schnell von einem Benziner ab. "Wir haben Ökostrom, wir heizen mit Holz und wir wissen, daß wir eigentlich unsere Autos abschaffen müssten - und dann sollen wir mit einem Benzin-Rasenmäher zurückfallen?!"
Recht hat er. Ich dengelte meine Sense und beschloss, mir jetzt doch erst mal keinen Rasenmäher zu kaufen, auch keinen elektrischen. Demnächst bekomme ich einen geliehen, mit dem ich das ganze Gelände einmal glatt mähen will. Dann versuche ich es mit einem elektrischen Vertikutierer (den ich mir auch leihen werde) und im nächsten Jahr mit zweimal Mähen. Dann kann wieder eine richtige Wildwiese entstehen. Dicht am Haus mähe ich ja ohnehin mit meinem kleinen Handrasenmäher, sobald die Krokusse verblüht sind.

Heute im Café in Kiel bekam ich ein Stück Maronentarte von der Kellnerin geschenkt, und im Bioladen wollte mir ein etwas skurriler junger Mann ein Stück Kuchen kaufen. Er hatte mich zunächst um eine Beratung gebeten: "Haben Sie Geschmack? Dann müssen Sie mir jetzt helfen." Wobei ich ihm helfen sollte, weiß ich nicht, weil dann der Verkäufer kam und übernahm. Ich wollte kein weiteres Stück Kuchen. "Dann für Ihre Kinder." Wir lachten alle herzlich.

Und im Haushaltswarenladen, in dem es alles gibt, kaufte ich einen neuen Besen für draußen, ein richtig großes Teil mit dicken Borsten und musste an die Frauen denken, die auf den alten Bildern auf einem Besen reiten. Das wäre heute beim Sturm besonders gut gekommen.IMG_0574
Andrea reihing (Gast) - 8. Okt, 23:52

liebe marie-luise,
das ist nur eine testmail, wenn´s klappt
melde ich mich nochmal.
grüßle andrea

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