Dienstag, 8. November 2016

Totenfest

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Am Samstag war ich mit der lieben J. im Hamburger Völkerkundemuseum beim mexikanischen Totenfest. Zunächst sahen wir einer mexikanischen Folkloregruppe beim Tanzen zu. Sehr schön die Frauen mit ihren prächtigen bunten Röcken, die an Frida Kahlo erinnerten. Richtig spannend wurde es für mich zu später Stunde, als die Velación, die Totenwache, begann. Das fand zwischen zwei Altären statt, die mit vielen künstlichen Ringelblumen, Heiligenbildern, Fotos von Verstorbenen und diversen Gegenständen ausgestattet waren.
Ein paar Frauen und Männer machten Musik auf Ukulelen, Trommeln und anderen mir unbekannten Saiteninstrumenten. Es wurden endlos lange Lieder gesungen, die mir halfen endlich ganz anzukommen und mich dem rituellen Geschehen hinzugeben. Dann wurden die Seelen der Verstorbenen gerufen: "Anima de ..." und darauf kam eine spanische Antwortformel, die ich nicht verstand. Das dauerte sehr lange, weil viele Namen von Verstorbenen genannt wurden. JedeR konnte sich daran beteiligen. Zwischendurch wurde mit Kopal geräuchert. Eine Frau zündete Kerze um Kerze an und läutete dazu eine Glocke. Die angekündigte "Blumenarbeit" haben J. und ich nicht mehr mitbekommen, ebensowenig das gemeinsame Mahl mit den Toten. Ich war den ganzen Tag auf den Beinen gewesen und konnte einfach nicht mehr. Ich glaube aber, daß ich im nächsten Jahr wieder dabei sein und alles mitmachen möchte.
Ich mag solche Rituale sehr gern. Sie befriedigen ein archaisches Bedürfnis. Sicher wird mein kindliches Wesen, das in meinem Alltag wohl nicht allzu viel Raum bekommt, dadurch angesprochen. Diese Art von Musik hilft mir in eine leichte Trance zu kommen. Und ich finde es einfach schön und wichtig, einen Zeitraum im Jahr zu haben, in dem eineR sich mit denen verbinden kann, die in die andere Welt gegangen sind.
Anschließend durfte ich bei J. in Geesthacht schlafen. Sie brachte mich am nächsten Tag sogar wieder nach Hamburg, wo das De Immen-Treffen stattfand. Auch das war wieder ein Highlight. Obwohl wir so verschieden sind und keineswegs alle die gleiche Linie im Umgang mit den Bienen haben, obwohl es Meinungsverschiedenheiten gibt, ist da dieser rote Faden, der uns miteinander und mit den Honigbienen verbindet.
Ein Experte hielt einen Vortrag zum Thema Jakobskreuzkraut und Pyrrolizidinalkaloide im Bienenhonig. Ich hatte große Befürchtungen, daß er in die übliche Hysterie einstimmen und zur Vernichtung des Jakobskreuzkrauts aufrufen würde. Aber nichts dergleichen. Stattdessen sprach er sehr differenziert und mit viel Sachverstand über das in Zyklen von ca. dreißig Jahren zunehmende Vorkommen dieser Pflanzen. Er erzählte, daß die Bienen nur dann ans Jakobskreuzkraut gehen, wenn ihnen andere attraktivere Trachtquellen, z. B. die mittlerweile fast verschwundenen Kornblume fehlen. Er sprach von der aufgrund von fragwürdigen Tierversuchen ziemlich willkürlichen Festlegung von Grenzwerten und bestätigte einmal mehr meine Haltung zu den vielen Pflanzen, die Pyrrolizidinalkaloide enthalten und in den letzten Jahren peu à peu in die Schublade "Lebensbedrohliche Pflanzen" gesteckt worden sind: Beinwell, Borretsch, Huflattich und Wasserhanf. Alle diese Pflanzen benutze ich seit Jahrzehnten gern und zeitweise auch häufig und in großer Menge als Heilpflanzen und empfehle sie weiter. Ach, und ich erfuhr, daß es keinen Beweis für das Auftreten von Leberkrebs im Zusammenhang mit Pyrrolizidinalkaloiden gibt.
Wenn die Zeitungen mal wieder ein Riesengeschiss um die Gefährlichkeit dieser Pflanzen machen, möchte ich schreien: He, Leute, gebraucht mal euren Verstand! Glaubt ihr, daß es uns alle gäbe, wenn diese uralten Heilpflanzen so giftig wären, wie heute immer gern behauptet wird? Und warum wird nicht in den Zeitungen stattdessen davon erzählt, daß sich mittlerweile außer Antibiotika und Hormonen auch Diclofenac (Voltaren) im Grundwasser befindet.
Wir werden vergiftet, ja. Aber nicht von den genannten Pflanzen.

Heute morgen kam der Winter.
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Auf der Station gab es heute Kommentare zur bevorstehenden Präsidentenwahl in den USA. Wenn Trump gewählt wird, würde das ohnehin schon arg ramponierte Ansehen der USA noch tiefer in den Keller sinken. Er würde also seiner eigenen Nation vielleicht am meisten schaden. Da könnte ich nur sagen: Tja, selber schuld! Aber Hillary Clinton ist in meinen Augen die wirklich Gefährliche. Sie verfolgt ja die altbekannte US-Vormachts-Ideologie und könnte noch mehr Kriege in aller Welt führen mit den uns bekannten Folgen der dauerhaften Destabilisierung, zunehmenden Flüchtlingsströmen und humanitären Katastrophen. Von mir aus also lieber Trump, auch wenn er ein hohlköpfiger Rüpel ist.
Im Übrigen regieren ja sowieso die Konzerne, nicht die Politiker.

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