Neunzig

Meine Mutter ist im April 90 Jahre alt geworden. Am Wochenende haben wir das in großer Runde gefeiert. Ich muss an dieser Stelle mal ein Loblied auf meine Mutter singen: sie hat es geschafft, einen klaren Verstand zu behalten, geht noch regelmäßig zum Kieser-Training und nimmt Anteil am Weltgeschehen und ihrer persönlichen Umgebung. Bis vor wenigen Jahren hat sie Italienisch gelernt, und sie geht immer noch auf Reisen. Ihr Wunsch ist eine Karte für die Elbphilharmonie, und wir bemühen uns, ihn zu erfüllen. Ein weiterer Wunsch ist, so zu sterben wie Udo Jürgens: "Nicht daß ich Fan von ihm bin, aber beim Spazierengehen einfach tot umfallen, das ist doch der ideale Tod."
Es war schön, mal wieder die ganze Familie am Tisch zu haben: mein Bruder, seine Frau und deren Tochter, meine beiden Kinder, der Freund meiner Tochter, meine Mutter und ich.
Eine Bemerkung meiner Mutter ("...daß aus dieser desolaten Familie mit einem linken Vater was Gutes rausgekommen ist..."), die auf meine erste Ehe gemünzt war und mich zu Widerspruch herausforderte ("Wieso desolat? Und es war nicht nur der Vater links, ich war's doch auch.") brachte mich ans Nachdenken: meine Lebensform als Alleinerziehende Anfang der 80er Jahre bis 1992, dann Patchworkfamilie, war damals noch ungewöhnlich, ist aber mittlerweile sowas von normal. Ich habe den Status "alleinerziehend" nie als Makel empfunden. Nicht daß ich mir das so gewünscht hatte, aber es hat sich dann eben ergeben.
Am besten hat mir übrigens das gute Wetter in Münster gefallen nach den vielen kalten Tagen. Wir haben uns Samstagnachmittag sogar noch mit einer Wolldecke auf eine Wiese gelegt und die Sonne genossen, während meine Mutter ihr Mittagsschläfchen hielt.

Marie-Luise - 9. Mai, 22:43
katharina (Gast) - 10. Mai, 15:37
da waren wir echt pionierinnen. habs immer wieder an der reaktion der erwachsenen (lehrer/innen und 'heile' familien) erlebt.
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